Denn was man sich nicht traut, passiert nicht

Zum heutigen Blogartikel hat mich Ben Becker inspiriert. Ich war auf der Buchlesung zu seiner gerade erschienenen Autobiografie „Na und, ich tanze. Eine kurzweilige Stunde lang erzählte er zahlreiche Anekdoten aus seinem ziemlich verrückten Leben. Manche zum Schmunzeln, manche zum Kopfschütteln und so manche, wie ich finde, mutige Begebenheit.

Mutig und wunderbar eigenwillig finde ich auch, dass er zu denen gehört, die sich trauen, bereits in relativ jungen Jahren eine Autobiografie zu veröffentlichen. Und er hat was zu sagen. Hat nicht nur eine vielseitige Karriere gemacht, sondern kann auch aus einem bunten Leben berichten. Und toll finde ich, dass er herrlich über sich selbst lachen kann.

Mancher mag Beckers Kapriolen auch als übermütig bezeichnen, doch fehlenden Mut kann man ihm nicht anlasten. Jetzt aber genug der Lobeshymnen, ran ans eigentliche Thema: Mutig voran!

Was ist eigentlich „Mut“?

Auf Wikipedia steht:

„Mut bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen.“

Es geht also um das Vertrauen in die eigene Kraft und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Was jemand wiederum als Risiko bezeichnet, ist äußerst individuell und vielfältig, genauso wie die Ursachen, die uns aufgrund von fehlendem Mut daran hindern, etwas Gewolltes anzupacken.

Was ich aus eigener Erfahrung, zahlreichen Coachings und aus meinen Mut-Kursen weiß, ist, dass wir oft viel zu lange zögern, uns ein angstbesetztes Thema

  1. anzuschauen und einzugestehen,
  2. genau unter die Lupe zu nehmen und
  3. es in klitzekleine, zu bewältigende Schritte zu zerlegen.

Und diese drei Schritte sind der Schlüssel zum „sich trauen“.

Hingucken und anerkennen, was ist

Es gilt also zuerst, sich den fehlenden Mut einzugestehen und konstruktiv auf die Herausforderung zu blicken. Oft haben wir schon endlose Grübeleien hinter uns oder können das Gedankenkarussell nicht mehr stoppen, das da unaufhörlich in unserem Kopf dreht.

Wir spekulieren beispielsweise, was andere Schlimmes über uns denken könnten, ob wir etwas dürfen oder nicht oder malen uns angsteinflößende Versagensszenarios aus. Möglicherweise zermürben wir uns zudem noch mit sich-selbst-kleinmachenden Befehlen wie „Ich Weichei. Ich muss mutiger werden.“ Oder „Mach es endlich, andere können es doch auch.“

Aber das hilft nicht weiter.

Auf andere zu schielen bringt nichts, weil eben jeder andere Erfahrungen, Anlagen und Grundbedingungen hat. Daher verhalten wir uns so unterschiedlich. Und Selbstzüchtigung mit Befehlen vom inneren Kritiker sind ebenfalls hinderlich, weil auch diese uns keinen Weg aufzeigen, sondern im Gegenteil noch ordentlich hemmen, da wir damit unser Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen untergraben.

Zielführender ist es, die Angst zu akzeptieren und das Thema mal ordentlich zu analysieren.

Das Angstding unter die Lupe nehmen

Nehmen Sie sich also Zeit und schreiben Sie zunächst einmal auf, was Sie angehen und erreichen wollen. Was ist Ihr Ziel? Was wollen Sie abstellen, ändern, erreichen oder lernen? Notieren Sie auch, wie es Ihnen derzeit damit geht, wo sie stehen, was sie bereits unternommen und was genau sie hindert.

Ich empfehle Ihnen schriftlich zu arbeiten, denn das zwingt Sie, Ihr Problem konkret in Worte zu fassen. Reines „Sich-Gedankenmachen“ geht nicht tief genug und bringt zu wenig Klarheit. Doch alles, was unklar und unkonkret ist, bleibt diffus und lässt nicht anpacken.

Konkrete Reflexionsfragen zu Anregung

Was genau befürchten Sie?

  • Wie reden Sie in Bezug auf die angstbesetzte Thematik mit sich selbst?
  • Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Was genau steht auf dem Spiel?
  • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser schlimmste Fall tatsächlich eintritt?
  • Was könnte Neutrales passieren?
  • Was passiert im besten Fall? Welche Vorteile haben Sie dann? Welchen Gewinn? Welche Last haben Sie los?

Analysieren Sie des Weiteren:

  • Welche Glaubenssätze und Erziehungsmuster spielen da mit rein?
  • In welchen Situationen in Ihrem Leben waren Sie bereits mutig? Wann haben Sie sich etwas getraut und erfolgreich bewältigt?
  • Wie sind Sie da vorgegangen?
  • Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
  • Können Sie Ihre Erkenntnisse auf die aktuelle Thematik übertragen?

Beim Beantworten der letzten Fragen befinden sich bereits auf dem Weg der Lösung. Lösen im Sinn von Loslassen des Alten, aber auch im Sinne von Zielorientierung.

Trotzdem handeln oder „Wie man einen Elefanten isst“

Ein netter Seminarteilnehmer fragte in einem meiner „Nicht reden – handeln!“-Seminare mal in die Runde:

„Wie isst man einen Elefanten?“

Gespanntes Lauschen allerseits. Die Antwort:

„Mit Messer und Gabel.“

Und genau so geht es auch beim Angst überwinden und mutiger werden:

In klitzekleinen, verdaulichen Happen.

Doch bevor man etwas in Häppchen schneiden und zubeißen kann, muss man die Angst zulassen und TROTZDEM HANDELN. Erst kommt das wagende Tun, dann schwindet die Angst.

Wenn Sie sich trauen, werden Sie belohnt, nicht nur durch das Erreichen Ihres Zieles, sondern auch mit erhöhter Mutbereitschaft sowie gesteigertem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Handeln Sie jedoch nicht, sondern ergeben sich mutlos Ihrer Angst, wächst auch Ihre Unzufriedenheit, also Ihr Unmut. Sie haben die Wahl!

Und wir Coachs haben für alles schlaue Fragen parat ;). – Daher hier noch ein paar Reflexionsansätze fürs Lösen und Loslegen :

  • Was können Sie im Vorfeld tun, um sich zu wappnen? Was können Sie beispielsweise lernen? Wie können Sie körperlich, geistig und / oder seelisch stärken?
  • Mit welchen klitzekleinen, gangbaren Minischrittchen könnten Sie sich an das angstbehaftete Thema heranwagen?
  • Wie sieht Ihr erster Schritt aus?
  • Wen könnten Sie um Ermutigung und Unterstützung bitten? Wer oder was könnte ein Mutmacher für Sie sein?
  • Gibt es jemand, der das gleiche erreichen möchte wie Sie? Vielleicht können Sie ihn auf ein Co-Coaching eingehen.

Nach aller Reflektion und Planung brauchen Sie einen klaren innerlichen Entschluss, also eine Willenserklärung sich selbst gegenüber. Und dann legen Sie (hoffentlich frohgemut) los und tun Ihren ersten Schritt. Dann den zweiten. Dann den dritten.

Sie brauchen nun neben dem Wagemut auch Langmut = Geduld sowie manchmal auch Freimut = die Fähigkeit, seine Gesinnung offen zu vertreten und sich trotz möglichen Widerständen nicht zu verbiegen oder sich gesellschaftlichen Konventionen zu unterwerfen. (Ach, die deutsche Sprache ist so schön :-).

Beherztheit ist übrigens auch ein Synonym für Mut – das gefällt mir besonders gut.

So, jetzt bestelle ich mir das Buch von Ben Becker. Mal schauen, was er noch so alles erlebt und gewagt hat. Ich wünsche Ihnen eine frohgemute Zeit.

  Kommentare zu “Denn was man sich nicht traut, passiert nicht

  1. 27. Januar 2012 at 01:54

    Hallo,

    der Haken vom mutig sein, ist manchmal der, dass in der mutigen Situation nicht nachgedacht sondern gehandelt wird. Es kann grandios runterreißen, wenn „es“ schief geht.
    Toll ist es allerdings, wenn jemand mutig ist und vorher wusste: xyz kommt auf mich zu und wenn man nicht handelt, dann passiert etwas richtig Böses/Schlimmes/Chaotisches.

    Kenne beide Situationen. Das Schöne an Mut ist – er zieht an und macht (noch) selbstbewusster :-) .

  2. Josephine
    4. Dezember 2014 at 21:28

    Bei mir ist das Problem: ich kann nicht auf Leute zu gehen. Wenn mich jemand mitnimmt dann klappt es, aber um auf diese Menschen allein zugehen zu können brauch ich meine Zeit, alleine schaff ich es gar nicht, obwohl ich nur Gewinn haben kann, nämlich mich mal getraut zu haben, dazu alleine.

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