Serie Stärken stärken ~ No 5: „Authentizität“

„Sie sind ein ehrlicher Mensch; Sie sagen nicht nur die Wahrheit, sondern Sie leben Ihr Leben auch in einer aufrichtigen und authentischen Weise. Sie sind auf dem Boden geblieben und täuschen nichts vor. Sie sind „echt“.

 

So der erklärende Text zur Stärke „Authentizität“ in der Ergebnisliste des Charakterstärkentests der Positiven Psychologie.* In seinem Kern bedeutet das Wort „echt sein“; auf Wikipedia steht dazu noch „als Original empfunden werden“. Aber was heißt das denn konkret?

In meinem Seminar „Darum ich!“ äußern die meisten Menschen zunächst immer wieder, dass sie vor allem authentisch und wahrhaftig sein wollen. Bei genauerem Hinsehen schränken einige ehrlicherweise den Wunsch nach „Echtheit“ wieder ein, da sie manche Folge konsequent authentischen Verhaltens doch nicht haben wollen. Viele verlangen weiter nach Techniken und Tricks, wie sie sich in ein besseres Licht rücken können. Doch ist man dann noch echt?

Wie verhält man sich authentisch?

Wirklich authentisch zu leben, ist kein bequemer oder leichter Weg; auf einen hundertprozentigen Anspruch gemessen, vielleicht auch gar nicht möglich und sinnvoll. Das einmal wirklich auf die verschiedenen Herausforderungen des Lebens für sich zu reflektieren und zu entscheiden, ist ein überaus spannendes und lohnendes Unterfangen.

Authentische Menschen

  • nehmen sich an, wie sie sind und zeigen sich auch so,
  • stehen klar zu ihrem Weltbild und ihren Ansichten,
  • äußern immer ungeschönt, was sie denken, unabhängig davon, ob sie damit die Mehrheitsmeinung treffen oder jemanden vor den Kopf stoßen,
  • bleiben konsequent in dem für sie richtigen Verhalten und Handeln, auch dann, wenn sie Gegenwind bekommen oder Benachteiligungen dadurch erfahren.

Das heißt übrigens nicht, dass sie nicht veränderungsbereit wären. Doch sie sehen klar, wo sie stehen und wo sie hinwollen, übertünchen oder verschönern aber nichts.

Was bedarf es?

Um sich „echt“ zu verhalten braucht es

  • die Bereitschaft, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und sich seiner Fähigkeiten, Eigenheiten, Ansichten, Gefühle und Werte bewusst zu werden,
  • Ehrlichkeit vor sich selbst, d. h. das Erkannte darf nicht zurecht rationalisiert werden,
  • Ehrlichkeit vor anderen – sich also auch genauso „echt“ zu zeigen,
  • Selbstannahme, Mut und Widerstandskraft.

Die Vorteile und das Liebenswerte authentischer Menschen liegen auf der Hand: Sie verbiegen sich nicht. Das ist sicher nicht immer leicht und die Konsequenzen muss man aushalten können. Dafür vermeiden sie innere Zerrissenheit und sind zufriedener. Zudem sind sie zuverlässig und jeder weiß, woran er bei ihnen ist.

Wenn Sie also „Authentizität“  zu Ihren Kernstärken zählen und diese gemäß dem Ansatz der Positiven Psychologie täglich leben wollen, um erfüllter zu sein, rate ich Ihnen zunächst zu einer Bestandsaufnahme.

Ich lade Sie ein, nicht nur darüber nachzudenken, was Sie mit dem Wort verbinden, sondern auch zu überlegen, was konkret Ihnen in Sachen „echt sein“ in Ihren verschiedenen Lebensbereichen wichtig ist und inwieweit Sie das schon leben. Überlegen Sie, nicht nur, was Sie verändern wollen, sondern auch, wo Sie die Grenzen von Ehrlichkeit und authentischem Verhalten sehen.

Im Berufsleben authentisch sein

So könnte konkret herauskommen, dass Sie Ihre Meinung noch öfter äußern wollen als bisher, beispielsweise in Meetings oder im Gespräch mit bestimmten Kollegen. Manche meiner Klienten wollen anderen die Bedürfnisse hinter ihren Handlungen klarer machen, um ein besseres Verständnis zu erreichen.

Es kann aber auch sein, dass es Ihnen über das eigene Verhalten hinaus wichtig ist, insgesamt mehr Ehrlichkeit und Authentizität ins Miteinander zu bringen. Dann könnten Sie andere auffordern, sich ungeschminkt zu äußern und ihnen pro-aktiv den Rahmen dafür bieten. Vielleicht wollen Sie auch so weit gehen, Blender zu entlarven oder Dampfplauderei zu stoppen?

Im Privatleben authentisch sein

Viele glauben, dass es im Privatleben leichter sei, authentisch zu sein und zu handeln. Oft ist das ein Irrtum, denn gerade in familiären, liebenden oder freundschaftlichen Beziehungen ist es noch schwerer, wahrhaftig zu sein und zu sagen, was man ehrlich denkt, beispielsweise weil man andere nicht verletzen oder verlieren will.

Horchen Sie also in sich hinein und prüfen Sie, ob Sie Ihrem Bedürfnis und Anspruch nach Echtheit und Ehrlichkeit tatsächlich schon weitestgehend nachkommen. Wo nicht, überlegen Sie, was zu tun ist und welche Konsequenzen das hat. Das kann ein Gespräch, eine Trennung oder eine Verhaltensänderung sein. Auf jeden Fall entscheiden Sie sich so bewusst. Und Sie können sich im Vorfeld überlegen, wie Sie den Menschen, die Ihnen nahestehen, auch im für sie verträglichen Maße mitteilen, was Sie sich wirklich wünschen.

Darüber hinaus können Sie auch im Privatleben Anlass und Raum für Ehrlichkeit und Offenheit schaffen und auffordern, zu sich, seinen Ansichten und Gefühlen zu stehen. Das können Sie in der Liebesbeziehung, bei der Kindererziehung, im Sportverein oder in Freundschaften tun.

Reflexionsfragen zur Stärke „Authentizität“

Wenn Sie die Stärke „Authentizität“ unter die Lupe nehmen wollen, sind die folgenden Fragen zur Klärung und Vertiefung für Sie interessant:

  • Was bedeutet Authentizität für mich?
  • In welchen konkreten Situationen oder bei welchen Aktivitäten empfinde ich mich als authentisch? Wo noch nicht?
  • Welche positiven Ergebnisse gehen damit einher, dass ich authentisch lebe?
  • Was bedeutet Ehrlichkeit für mich? Bin ich so ehrlich, wie ich es sein will? Gibt es ein zu viel?
  • Gibt es einen übertrieben hohen Anspruch an Echtheit? Wo stehe ich diesbezüglich?
  • Verhalte ich mich im Berufsleben in für mich ausreichendem Maß authentisch? – Wenn nicht: Was kann ich tun oder verändern, damit es für mich stimmig wird?
  • Verhalte ich mich im Privatleben in für mich ausreichendem Maß authentisch? – Wenn nicht: Was kann ich tun oder verändern, damit es für mich stimmig wird?
  • Bin ich im Berufsleben die gleiche Person wie im Privaten? Oder verhalte ich mich gravierend unterschiedlich?
  • Wie kann ich diese Stärke in Kombination mit meinen anderen Signaturstärken, Interessen und Wünschen verbinden und in mein Leben integrieren? – Gibt es konkrete Schritte, die ich nun diesbezüglich angehen möchte?

In der nächsten Folge meiner „Stärken stärken“-Serie geht es um die Signaturstärke „Kreativität“. Wenn Sie den Beitrag nicht versäumen wollen, einfach meinen kostenlosen Newsletter oder die RSS-Feeds abonnieren.  

In den früheren Artikeln meiner Serie habe ich folgende Charakterstärken beleuchtet:

Beitrag Nr. 1: Stärke Bescheidenheit

Beitrag Nr. 2: Stärke Selbstregulation

Beitrag Nr. 3: Stärke Hoffnung

Beitrag Nr. 4: Stärke Urteilsvermögen

Zudem finden Sie hier den Einführungsartikel zur Serie: „Stärken aktiv stärken“

Den Link zum Charakterstärkentest der Positiven Psychologie finden Sie hier.

*Im kurzen Signaturstärkentest und im Buch „Glücks-Faktor“ steht im Testergebnis übrigens auch „Integrität“. Sie entsteht unter anderem aus authentischem Verhalten. Das Thema ist aus meiner Sicht ein eigenes Kapitel wert.

 

 

 

  Ein Kommentar zu “Serie Stärken stärken ~ No 5: „Authentizität“

  1. David Weinacht
    4. Dezember 2013 at 20:17

    ja danke, auf der Suche nach was ist echt sein, was ist authentisch sein, landete ich auf Ihrer Seite. Ein paar Ihrer Fragen habe ich für mich beantwortet und die Texte so überflogen. Nun empfinde ich diese Mögichkeit eine Antwort zu hinterlassen wie einen Test, ob es stimmt, was ich mir selbst geantwortet habe. Und nun ja,…da muss ich doch mal abwägen, und auf jeden Fall hat es mir geholfen. Es gibt Dinge, die ich lieber für mich behalte und ich denke, dass ist auch sehr nötig, denn da ist hier nicht der Ort dafür. Authentisch sein bedeutet für mich viel reden. Das viele reden hat auch seine Schattenseiten, aber authentisch ist man durch das Reden schon irgendwie, weil man dann das was man, oder besser das was in mir ist, kommt so auch aus mir heraus. Ich denke und sage das dann auch. So fällt mir es natürlich in manchen Situationen leichter authentisch zu sein als in anderen. Im Moment fällt es mir leichter, weil das eher eine Metakommunikation ist, und mich persönlich nicht wirklich betrifft. Ich denke je persönlicher die Fragen werden, umso schwieriger wird die authentizität. Da fallen mir jetzt die christlichen Märtyrer ein, die blieben authentisch bei dem was sie persönlich bewegte, auch wenn es nicht nur ihren Job, ihre Familie oder ihren Besitz kostete, sondern sie blieben authentisch sogar dann, wenn es ihr eigenes Leben betraf.

    So stelle ich mir die Frage als Katholik wieviel Märtyrer steckt in mir?

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